Entlang des alten Fremdenweges


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Die hier beschriebene Wanderung ist ein Teil der klassischen „Schweiztour”, die die Reisenden im 19. Jahrhundert unternahmen. Zeugen dieser Zeit sind z.B. sieben alte Wegsäulen, die diesen Weg zwischen Lichtenhainer Wasserfall und großem Winterberg säumen. Die reine Laufzeit für diese Wanderung wird etwa 3,5 bis 4 Stunden betragen. Pausen und die Fahrt mit der Kirnitzschtalbahn müßten dazu gerechnet werden. Da Anfangs- und Endpunkt der Wanderung nicht identisch sind (und nicht nur deshalb! ), ist die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Eisenbahn) empfehlenswert.

Der Ausgangspunkt unserer Wanderung soll Bad Schandau sein. Das Städtchen wurde wahrscheinlich am Beginn des 13.Jhs. gegründet, schriftlich 1437 erstmals als „Schande” erwähnt und 1443 zusammen mit Hohnstein durch das alte böhmische Adelsgeschlecht der Berken von der Duba den sächsischen Kurfürsten abgetreten. Die auch in der Umgebung vorkommenden Flurnamen mit dem Wort „Schande” bezeichneten im Mittelalter Gelände, die oft durch Wasser geschädigt wurden.

Am Stadtpark vorbei begeben wir uns nun zunächst zur Endhaltestelle der elektrischen Kirnitzschtalbahn. Gebaut wurde die Bahnstrecke 1897/98, nachdem schon 1893 das erste „Executiv-Comitee” zum Bau und Betrieb einer Straßenbahn von Bad Schandau bis zur Kirnitzschschänke (Hinterdittersbach an der sächsisch-böhmischen Grenze, nach 1945 abgerissen) gegründet wurde. Im Jahr 1900 scheiterte ein Plan zur Verlängerung über die Elbbrücke zum Bahnhof. 1927 vernichtete ein Großbrand den Straßenbahnhof mit dem kompletten Wagenbestand. Die heutige Endhaltestelle in Bad Schandau wurde 1969 angelegt. Trotzdem ruhte bis 1972 der Betrieb wegen völligen Verschleißes von Gleisbett und Wagen sowie nachfolgender Rekonstruktion. Einer Stillegung in den achtziger Jahren entging die Bahn nur durch Privatinitiative, wegen dringender Bauarbeiten ruhte der Betrieb erneut zeitweilig.

Die Fahrt durch das Kirnitzschtal bis zur Endhaltestelle Lichtenhainer Wasserfall dauert etwa 30 Minuten. Hohe Felswände aus Quadersandstein begleiten zunächst auf beiden Seiten den Lauf der Kirnitzsch. Nach etwa 5 Minuten ist rechts der Straßenbahnhof mit historischen Fahrzeugen, die im Sommer zum Einsatz kommen, zu sehen. Fast an jeder Haltestelle lädt eine Mühle oder ein Gasthaus zur Einkehr ein. Nach weiteren zwei Minuten liegt rechts der Zeltplatz „Ostrauer Mühle”, zugleich passieren wir hier die geologische Linie der Lausitzer Überschiebung. Ab hier ist das Kirnitzschtal in Granit eingeschnitten, die Talform ändert sich. Sandstein finden wir erst wieder kurz vor der Einmündung des „Nassen Grundes” (20 Minuten). Durch die nahe Lausitzer Überschiebung ist der Sandstein dort auffallend schräg geschichtet.

Nach einer halben Stunde erreichen wir den Lichtenhainer Wasserfall mit seiner Gastwirtschaft im Schweizerhaus-Stil von 1852/53. An einem Seitengebäude befindet sich eine historische Tafel mit Preisen für Reittiere und Tragsessel aus dem letzten Jahrhundert. Für uns aber soll es eine Fußwanderung werden, wir folgen den Wegweisern in Richtung Kuhstall (Markierung roter Punkt). Nach etwa 10 Minuten steht rechts vom Weg eine schöne alte Wegsäule aus der Anfangszeit des „Schweiz-Tourismus”, nur unweit davon befindet sich der gefaßte Münzborn.

Bald erreichen wir die Kuhstallhöhle und das Gasthaus. Die Höhle wird als Kuhstall bezeichnet, da sie den Bewohnern umliegender Dörfer in Kriegszeiten zum Verstecken ihres Viehs diente. Auf dem Kuhstallfelsen befand sich die Burg Wildenstein. von der aus die gleichnamige Herrschaft der Berken von der Duba verwaltet wurde, bis sie 1451 an den sächsischen Kurfürsten abgetreten wurde. Die wenigen Überreste dieser Burg können heute noch besichtigt werden. Wenn man durch die Kuhstallhöhle hindurchläuft, lassen sich auf deren Rückseite noch verblichene, bis 200 Jahre alte Inschriften und Initialen entdecken. Einst konnte man hier sogar Leiter, Pinsel und Farbe ausleihen. um sich derart zu verewigen.

Wir folgen nun weiter dem Fremdenweg (roter Punkt) durch die „Nasse Schlucht” steil bergab zum Südfuß des Kuhlstallfelsens. Abermals steht rechterhand eine alte Wegsäule. Weiter geht es etwas bergab, dann wieder bergan durch den „Hinteren Wildensteiner Wald”, bis nach reichlich 10 Minuten die Zeughausstraße gekreuzt wird. Dort befindet sich eine kleine Holzhütte. Wir wandern weiter geradeaus am gefaßten Eichenborn vorbei in Richtung Kleiner Winterberg. Bald kreuzen wir den Königsweg (roter Strich), der vom Bloßstock immer am Wandfuß der Felswände zum Zeughaus führt. Wenn man auf diesem Weg einen kurzen Abstecher nach links unternimmt, findet man nach etwa 100 Metern dicht oberhalb des Weges unter einem Felsüberhang eine Tafel mit dem kursächsischen Wappen von 1558, diese soll an ein Jagdabenteuer von Kurfürst August erinnern.

Der Fremdenweg führt uns nun weiter in steilen gewundenen Serpentinen den Hang des Kleinen Winterberges hinauf. Bald sieht man rechterhand die hochaufragende „Untere Winterbergspitze”. Etwas später biegt der Weg nach links ab und verläuft nun unterhalb des Berggipfels auf einer aussichtsreichen Felsterrasse mit herrlichen Blicken in die Landschaft der hinteren Sächsischen Schweiz. Oberhalb des Weges im Wald versteckt befindet sich ein reizvoller Pavillon, der 1818 an Stelle eines früheren kurfürstlichen Jagdhauses errichtet wurde. Der Gipfel des Kleinen Winterberges besteht aus Basalt, im Gipfelbereich findet man im Sommer auf einem Kahlschlag massenweise den Fingerhut. Nach ungefähr 20 Minuten treffen wir auf den Reitsteig, den wir weiter nach links in Richtung Großer Winterberg laufen. Links und rechts des Weges kann man eine größere Anzahl Ameisenhaufen entdecken. Bald kommt von rechts durch eine Schlucht der Wurzelweg von Schmilka herauf, wenig später steht wiederum rechts am Weg ein eigenartig gewachsener Baum, dessen Stamm unten gespalten ist, so daß weniger beleibte Wanderer gut hindurchlaufen können.

Nach einer weiteren Wegkreuzung beginnt der Aufstieg zum Großen Winterberg. Ein etwa 1 km langer und 100 Meter breiter Gang aus Nephelinbasalt bildet seinen Gipfel. Der Verwitterungsboden des Basaltes läßt einen schönen Buchenwald und eine äußerst artenreiche Bodenflora gedeihen. Auf dem Berg können wir das Gasthaus von 1840/41 besuchen. Der Aussichtsturm bietet eine umfassende Sicht, ist jedoch leider schon seit vielen Jahren geschlossen. Neben dem Gasthaus kann man einige schöne Basaltsäulen sehen.

Vom Gasthaus laufen wir kurz in Richtung Schmilka. biegen jedoch am letzten Gebäude nach links in Richtung Südosten ab. Am Südhang des Berges folgen wir dem Fremdenweg bergab, bis wir auf eine Abzweigung stoßen, an der wir auf der linken Seite Überreste einer alten Wegsäule finden, die in Richtung Prebischtor weist. Wir müssen uns hier allerdings nach rechts wenden, da eine Wanderung über die Landesgrenze nicht möglich ist, und laufen auf dem Müllerwiesenweg Schmilka entgegen. Linkerhand liegt die Müllerwiese, deren Namen auf die früheren Besitzer, die Schmilkaer Müller, hindeutet. Nach ungefähr 10 Minuten stoßen wir auf die Winterbergstraße, die Ende des 19. Jh. angelegt wurde. Von hier kann noch ein äußerst lohnender Abstecher nach rechts zur Kipphorn-Aussicht (Wegweiser) unternommen werden.

Die Straße führt steil bergab, dort wo die zweite Kehre auf die Landesgrenze stößt, zweigte einst der Heusteig über die Klötzerbloswiese nach Hrensko (Herrnskretschen) ab. Weiter die Straße entlang zweigen nach etwa 10 Minuten links der Grenzweg (gelber Strich) und der Erlsgrund (roter Punkt) ab. Wir benutzen zum Abstieg den wenig begangenen Grenzweg. Dieser bietet bei der Einmündung ins Elbtal einen wunderschönen Blick elbaufwärts.

Bald erreichen wir Schmilka. Im Ort sind einige beachtenswerte Umgebindehäuser zu sehen. Ebenso auffällig sind zwei Häuser, die brückenartig über die steil abfallende Dorfstraße gebaut sind. Schmilka wird erstmalig 1547 als Flurname „Wiese in der Schmilcken” erwähnt, eine Siedlung dürfte erst später entstanden sein. Der Name leitet sich möglicherweise vom slawischen Wort „smolak” (Pechsieder) ab.

Hier endet nun unsere Wanderung. Nach einer Elbüberfahrt, die immer wieder die Landschaftsdarstel lungen der Romantiker heraufbeschwört, bietet die Heimfahrt mit der Eisenbahn durchs Elbtal einen angenehmen Ausklang.

Als Kartenmaterial können die beiden Karten „Kleiner Zschand” und „Affensteine” im Maßstab 1:10 000 von Rolf Böhm und die Wanderkarte „Schrammsteingebiet”, ebenfalls im Maßstab 1:10 000, des Betriebes Geodäsie und Kartographie Dresden empfohlen werden.

Cornelius Zippe (Veröffentlicht in: Sächsische-Schweiz-Initiative, Heft 6, Sommer 1993, S. 31-32


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