Signalstein, Turm und Gasthaus auf dem Hohen Schneeberg

Schon an manchen Punkten Dresdens sieht man fern in südöstlicher Richtung die langgestreckte Sandsteintafel des Hohen Schneeberges mit dem hochaufragenden Aussichtsturm.

Der Hohe Schneeberg

Elbsandsteingebirge im Morgennebel vom Hohburkersdorfer Rundblick aus gesehen,
in der Mitte der Lilienstein, darüber der Hohe Schneeberg

Vor über 230 Jahren, nämlich 1779 weilte Kaiser Joseph II. während einer Inspektionsreise durch Nordböhmen auf dem Hohen Schneeberg. Sein Tagebucheintrag vom 23. September 1779 dazu lautet: „Allda ist das Aussehen sowohl nach Sachsen als gegen Böhmen sehr schön und sieht man vollkommen Königstein, Dresden und alle übrigen Gegenden. Es ist etwas steil hinaufzukommen und noch beschwerlicher herunter gegen das Dorf Schneeberg.” Dies dürfte wohl zugleich die älteste überlieferte Nachricht vom Hohen Schneeberg sein. An den Besuch von Kaiser Joseph erinnerte auf dem Hohen Schneeberg ein Gedenkstein, der aber bereits 1883 als "schon stark verwittert" bezeichnet wurde.

Am 21. August 1795 bestimmte der Prager Astronom Martin Aloys David mit einem Sextanten die nördliche Breite des Hohen Schneeberges zu 50° 43" 23,3' und dessen Höhe barometrisch zu 336,5 Wiener Klaftern (638,2 m) über der Nordsee. Der flache Sandstein, auf dem die Beobachtungen stattfanden, wurde damals mit einem großen A gekennzeichnet.

Triangulierungs-Stein von 1808

Der Triangulierungs-Stein von 1808

Der Hohe Schneeberg bildete seit Anfang der Österreichischen Landesvermessung einen wichtigen Fixpunkt. Ein unscheinbarer Stein mit der Jahreszahl 1808 nicht allzuweit vom höchsten Punkt des Berges an der SW-Ecke, ungefähr dort wo der Wanderpfad von Vorder-Schneeberg das Plateau erreicht, erinnert an die sogenannte Franziszeische Landesaufnahme (1806-1869) (oder II. militärische Landesaufnahme), die zweite kartographische Landesaufnahme im Habsburgerreich, die unter Kaiser Franz I. 1806 begonnen wurde. Am Beginn dieser Landesaufnahme stand eine Triangulierung (die Erste Militär-Triangulierung) der gesamten Monarchie (ein damals ziemlich neues Verfahren), die jedoch 1811 aufgrund der Napoleonischen Kriege aus Geldnot eingestellt werden mußte – 1812 mußte Österreich dann den Staatsbankrott verkünden. 1808 wurden dabei West- und Nordböhmen bis etwa zur Elbe von Lieutenant August Kielmann (1770-1858) und seinem Assistenten Lieutenant Leopold von Potier (1781-1840) vermessen, die Beobachtungen vom Hohen Schneeberg aus fanden laut den Vermessungsprotokollen im Monat Mai statt. Kielmann war zu dieser Zeit "Inspector und Lehrer für Situations-Zeichnung und Tactik" an der k.k. Militär-Akademie in Wiener Neustadt.

Der Stein trägt auf der Südseite die lateinische Abkürzung "Ast. Trig. Op." (Astronomica trigonometrica operatio), die Jahreszahl "1808" auf seiner östlichen Seite, auf der Nordseite die lateinische Abkürzung "Reg. Imp." (regnante imperatore) und auf der Westseite den Namen "Franc. I." (Franciscus I.). Diese Worte haben zusammen in genau dieser Reihenfolge gelesen etwa die folgende Bedeutung: "Astronomisch-Trigonometrische Arbeiten 1808 unter der Herrschaft Kaiser Franz I." Zugleich gibt diese Beschriftung den Hinweis, daß neben den trigonometrischen Messungen hier auch astronomische Beobachtungen zur Positionsbestimmung durchgeführt wurden. Diese Messungen ergaben eine Position von 50° 47' 31,3" N und 31° 45' 55,8" O (wobei bei der östlichen Länge berücksichtigt werden muß, daß der Nullmeridian noch nicht durch die Sternwarte von Greenwich festgelegt war, sondern durch die Westspitze der Insel Ferro, heute El Hierro - 17° 40' W, der westlichsten Insel der Kanaren und damit dem Ende der Alten Welt).

Dieser Stein wird in der Literatur ganz selten richtig beschrieben, hingegen erwähnen viele Reiseführer des 19. Jahrhunderts einen Gipfelstein mit der Aufschrift "MONUMENTUM ASTRONOMICO-GEOMETRICUM". Die Lösung dieses Rätsels liefert uns H. Leupold's Wanderbuch durch Sachsen, das um 1860 erschien. Hierin liest man: "... Wir besuchen nun noch das Monumentum astronomico-geometricum, den 1824 bei Böhmens Vermessung gesetzten Stein. An ihm liest man noch:..." und es folgt die oben aufgeführte Inschrift (in anderer Reihenfolge). Allerdings ist auch hier die Jahresangabe für das Setzen des Steines falsch, denn 1824 erwähnt Professor Hallaschka den Stein schon als Triangulierungsstein des k.k. Generalquartiermeisterstabes, im Jahr davor benutzte er den Stein für eigene Messungen. Aber genau der Generalquartiermeisterstab führte die erste Militärtriangulierung von 1806-1811 aus. Hingewiesen wird im Wanderbuch noch darauf, das dies der Gipfelpunkt des hohen Schneebergs ist, 2208 Fuß (717,25 m) hoch. Auch dies stimmt nicht völlig, da der höchste Punkt des Schneeberges nach der aktuellen topographischen Karte etwa 130 m ostnordöstlich vom Triangulierungs-Stein zu finden ist.

Im Jahr 1808 wurden von hier die Dreieckswinkel zu den Signalen auf dem Geltsch (heute Sedlo) nordöstlich von Leitmeritz (heute Litoměřice), dem Donnersberg (Milleschauer, heute Milešovka) und dem Zinnwalder Berg (Todtes Kind, heute Cinovecký hřbet) gemessen. Außerdem wurden noch zusätzliche Messungen (Nebendreiecke) zum Schönwalder Berg (Sattelberg, heute Špičak), zum Kirchturm von Breitenau in Sachsen, nach Dresden zum Hausmannsturm des Schlosses, zum Kirchturm der Festung Königstein und zum Kirchturm von Nollendorf (Nakléřov, heute nicht mehr existierend) ausgeführt.

Triangulationsnetz

Das Triangulationsnetz 1806-11 rund um den Hohen Schneeberg, links das Messgebiet 1808, rechts das Messgebiet 1810, das Tote Kind bei Zinnwald wurde später Zinnwalder Berg genannt.

Die Winkel nach Osten zum Wolfsberg (heute Vlči hora) südlich Steinschönau (heute Kamenický Šenov), zum Kaltenberg (heute Studenec) nordöstlich Böhmisch-Kamnitz (heute Česká Kamenice) und zum Kleinen Bauernwald bei Hainspach (Barakenstein, 473m, heute namenlos nordöstlich Lipová) wurden 1810 bestimmt. Auch zum Rosenberg fanden 1810 Messungen statt, jedoch ist der Rosenberg im Haupt-Triangulationsnetz nicht zu finden, da vom Rosenberg ausschließlich neun Nebendreiecke außerhalb des Hauptnetzes gemessen wurden.

1810 war August Kielmann schon zum Ober-Lieutenant befördert und wurde von Ober-Lieutenant Vincenz Lechky als Gehilfen begleitet.

Das Kartenblatt mit dem Hohen Schneeberg aus der Landesaufnahme unter Kaiser Franz I. findet man hier. Die Gipfelhöhe ist hierauf mit 381,57 Wiener Klaftern (723,65 m) im Vergleich zur heute gültigen Höhe von 723,1 m n.m. schon sehr genau angegeben. Über dem Triangulierungsstein wurde ein etwa 20 m hoher Holzturm als trigonometrisches Signal aufgebaut, der in den folgenden Jahren bis etwa 1820 auch als Aussichtsturm genutzt wurde.

Im Jahr 1812 schreibt Götzinger "Es ist zu bedauern, daß der im letzten kurzen Kriege (Anm.: der 5. Koalitionskrieg 1809) errichtete sehr hohe Telegraph nicht mehr sicher zu besteigen ist und nicht erhalten wird". Im Jahr 1822 erwähnt Wilhelm Adolph Lindau einen Telegraphen unweit der Tetschener Aussicht. Wenn überhaupt jemals vorhanden - vermutlich meinten Götzinger und Lindau eher das Triangulationssignal - muß dieser aber nur kurzlebig gewesen sein, da die erste ordentliche Telegraphenlinie in Österreich erst 1835 in Betrieb ging, allerdings wurden auch schon von etwa 1808 - 1812 einige Telegraphen hauptsächlich zu militärischen Zwecken betrieben. Damals wurde mit Optischen Telegraphenlinien gearbeitet, deren Stationen im Abstand von 10..20 km angeordnet waren. Möglicherweise haben Götzinger und Lindau aber auch aus Unkenntnis den Triangulationssignalturm als Telegraphen gedeutet.

Im Jahr 1823 benutzte Professor Franz Ignatz Cassian Hallaschka (1780–1847) den Signalstein für eigene Messungen zur genauen Lagebestimmung des Tetschener Schloßturmes, in seinem Büchlein darüber finden wir die genauen geographischen Koordinaten des Signalsteines, die der Generalquartiermeisterstab bestimmt hatte (50° 47' 28,75" N 31° 46' 13,5" O). Die Höhe bestimmte er auf barometrischem Weg neu mit 358,23 Pariser Klaftern gleich 698,19 m über der Nordsee - ein deutlich schlechteres Ergebnis als bei der Triangulierung. Dies lag daran, daß sich die Höhe seines Bezugspunktes, des Barometers in der Prager Sternwarte, geändert hatte, was Hallaschka nicht wusste. Hallaschka schreibt außerdem: "Auf dem hohen Schneeberge war es unmöglich, bei dem Triangulirstein des k.k. Generalquartiermeisterstabes ein Signal zu errichten, weil erstens der Kamm dieses Berges sich nur wenig abflächet, zweitens der Wald zu hoch angewachsen ist, und sonach die gänzliche Aussicht nach dem Rosenberg hinderte." Damit ist gesagt, daß 1823 der Signalturm nicht mehr vorhanden war.

Albert Schiffner erwähnt 1835 die Signalpyramide, die "sonst über dem Gipfelstein aufgerichtet war". Edwin Müller schreibt 1850 "ewig schade ist es, daß auf der höchsten Spitze des Berges kein Aussichhtsthurm wieder errichtet ist [...] (früher soll einer dergleichen hier gestanden haben)". Theobald Grieben erwähnt an diesem Ort 1857 einen "Aussichtsturm [...], der jedoch verfallen und leider nicht wieder ersetzt ist". Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß sich alle diese Bemerkungen auf den Signalturm der Triangulierung beziehen.

Zum Bau des heutigen Aussichtsturmes heißt es in einem von einem Beamten der Herrschaft Tetschen gefertigtem Schriftstück, das von dem zu dieser Zeit amtierenden Oberforstmeister Adam Seidel (1800-1883) ergänzt wurde:

"Bei den im Jahre 1862 von den wissenschaftlichen Kapazitäten aus Österreich, Preußen und Sachsen stattgefundenen Verhandlungen über eine neue mitteleuropäische Ländertriangulierung (oder mitteleuropäische Gradmessung) wurde der Hohe Schneeberg von der Kommission für die Verbindung der drei Staaten als ein unerläßlich wichtiger Vermessungspunkt anerkannt." soweit zunächst Seidel.

Auf einer Erkundungsreise vom 9. bis 27. August 1862 besichtigten Prof. Christian August Nagel (1821-1903), Prof. Julius Weisbach (1806-1871), Prof. Karl Christian Bruhns (1830-1881) (alle aus Sachsen), Generallieutenant Johann Jacob Baeyer (1794-1885) (Preußen), Generalmajor August v. Fligely (1810-1879) und der Director der Wiener Sternwarte Karl Ludwig v. Littrow (1811-1877) (beide Österreich) einige der vorgesehenen Verbindungspunkte, darunter den Hohen Schneeberg. Vom 25. bis 27. September 1862 untersuchte Prof. Nagel zusammen mit seinem Assistenten Robert Helmert (1843-1917) das Plateau des Schneeberges genauer, um die endgültige Lage des Vermessungspunktes festzulegen. Dabei wurde darauf geachtet, möglichst wenig Schneisenhaue nötig werden zu lassen. Vom heutigen Ort des Turmes wäre bei Nutzung eines 2,5 m hohen Messpfeilers nur in Blickrichtung zum Kahleberg eine Schneise notwendig gewesen, diese allerdings in der für den Wald gefährlichen Ost-West-Richtung. Die Höhe eines eventuell zu bauenden Turmes wurde durch trigonometrische Höhenmessungen auf 25 Meter berechnet.

Eine freie Rundsicht für die Gradmessung nach allen Seiten gestattete das bewaldete Plateau von 154,5 Joch (ca. 112 Hektar) nicht und Fürst Thun musste sich nun zwischen den zwei Möglichkeiten entscheiden: entweder der Erbauung eines geeigneten Turmes oder das Durchlichten des Waldes mit Schneisen nach den korrespondierenden Bergen in Böhmen und Sachsen.

Wir folgen nun weiter Seidel: "Von der k.k. Staatsverwaltung war eine Unterstützung an Geld für die Herstellung eines Turmes nicht zu erwarten, weshalb die Durchführung der Triangulation nur auf die Schneisen angewiesen erschien, wobei jedoch in Erwägung kam, daß durch das Öffnen der Waldbestände nach allen Richtungen diese den Elementareinwirkungen, namentlich den Stürmen, der gänzlichen Zerstörung ausgesetzt würden. Der k.k. Generalmajor und Direktor des militärgeographischen Instituts in Wien, August von Fligely, als Vorsitzender der hier tagenden Kommission, wendete sich an Se. Exzellenz den Grafen Franz Anton Thun (1786-1873) mit der Bitte, das wissenschaftliche Unternehmen zu unterstützen und einen über den Wald herausragenden Turm erbauen zu lassen, um nicht zu den Durchlichtungen Zuflucht nehmen zu müssen. Se. Exzellenz geruhte nicht nur die Herstellung eines für diesen Zweck erforderlichen einfachen, sondern zugleich eines Aussichtsturmes nach dem Entwurfe des Oberlandesbaumeisters Haenel in Dresden mit monumentaler Konstruktion massiv in Stein und Eisen ganz ohne hölzerne Bestandteile und 105 Fuß Totalhöhe, zu genehmigen."

Zu diesem Zweck wurde durch Prof. Nagel, Oberforstmeister Seidel und Oberlandbaumeister Haenel am 14. November 1862 eine Lokalbesichtigung durchgeführt, bei der der von Nagel empfohlene, mehr in der Mitte des Berges liegende Punkt als Standort für den Turm definitiv angenommen wurde.

Der rekonstruierte Turm

Der rekonstruierte Aussichtsturm (2001)

Im Frühjahr 1863 wurde der Bau im Akkordwege nach den Offerten der niedrigsten Einheitspreise an den Baumeister Josef Perthen in Bodenbach-Weiher vergeben, vorerst die unebene Felswand zur Basis durch mühsames Abspitzen geebnet und hierauf der Bau begonnen, dann ein fest verriegeltes Gerüst zur etagenweisen Erhöhung allmählich aufgestellt. Das Steinmaterial zu diesem Bau konnte auf dem Plateau nur zum Teil auf dem westlichen Felsenrande, wegen der großen Härte des dortigen Quadersandsteines, und zwar nur Bruchsteine, gewonnen werden. Für die Ornamente der vielen Steinmetzarbeiten mußte ein Bruch an den weicheren Felsen des steilen Absturzes an der Westseite eröffnet werden. woraus die Erzeugnisse mittels einer vorgerichteten Bahn, dann eines Flaschenzuges durch Pferde auf das Plateau gezogen und von dort zu Wagen auf den Bauplatz geführt wurden.

1863 wurde der Turm bis zur einer Höhe von 85 Fuß hergestellt und bis zum Herbst 1864 der ganze Bau nebst der Terrasse als ein monumentaler, allen Ansprüchen von architektonischer Schönheit entsprechender Prachtbau zur Benützung des Publikums vollendet. Das Gebäude ist im sog. Elisabethstil auf einem achteckigen, mit Aufgangstreppen versehenen, 11 Fuß hohen Unterbau in runder Grundform aufgeführt und mit einer durchschnittlich 5 Fuß hohen Zimmerbalustrade versehen worden. Im Innern führt eine steinerne Wendeltreppe zum oberen, durch 12 Fenster erleuchteten Stockwerke, von da eine freitragende gußeiserne Treppe nach der Plattform, welche auf einem Standpunkte von 2286 + 105 = 2391 Fuß (= ca. 750 Meter) eine großartige Rundschau über einen Teil Böhmens und Sachsens darbietet. Die Baukosten für den Schneebergturm betrugen insgesamt 19 673 österreichische Gulden."

Hier soll kurz eingeschoben werden, daß als eigentlicher Vermessungspunkt ein Messingzylinder in die Mitte der Deckplatte der Turmlaterne eingelassen wurde, der den trigonometrischen Punkt (die Mittelachse des Turmes) markierte. In den Messingzylinder kann im Fall von Vermessungsarbeiten eine Stange eingesteckt werden. Dieser Messpunkt wird bis heute durch das Tschechische Amt für Landes- und Katastervermessung (CUZK) benutzt (zum Datenblatt).

Das Panorama vom Turm des Hohen Schneeberges (Java erforderlich) im Sommer 2003

"Von österreichischer Seite hat die Triangulierung im Jahre 1864 zunächst mit der astronomischen Beobachtung für die Bestimmung der geographischen Breite durch Prof. Herr aus Wien begonnen und nach sorgfältigen Erhebungen mit genauen Instrumenten wurde die nördl. Breite mit 50 Grad 47 Min. und 36,524 Sek. mit einer Genauigkeit von ±0,035 Sekunden ermittelt. Im Jahre 1865 wurde vom k.k. Major von Ganahl die Ländertriangulierung durchgeführt." Soweit zunächst Adam Seidel.

Professor Josef Herr (1819-1884) war seinerzeit Professor am Polytechnischen Institut in Wien und einer der führenden Astronomen in Österreich-Ungarn. Wenig später (1866) wurde er der erste Rektor der aus dem Polytechnischen Institut hervorgegangenen Technischen Hochschule Wien und führte ab 1871 das metrische System in Österreich ein.

Major Johann von Ganahl (1817-1879) war ein hervorragender Geodät und eine der maßgeblichen Personen in Österreich für die Ländertriangulierung (oder auch mitteleuropäische Gradmessung). Den damaligen Berichten zufolge konnte er sich schon im nächsten Jahr Oberstlieutenant nennen, drei Jahre später dann schon Oberst. Kurz vor seinem frühen Tod wurde er 1879 noch (kommissarischer) Direktor des Militärgeographischen Instituts in Wien.

Durch Major Ganahl wurden vom 6. bis 8. Oktober 1865 die Dreieckswinkel zu den Nachbarpunkten Lausche, Jeschken (heute Ještěd), Bösig (heute Bezděz), Donnersberg (Milleschauer, heute Milešovka) und Kahleberg bestimmt.

Am 7. Juli 1865 wurde in Vorbereitung der Messungen von sächsischer Seite unter Leitung von Robert Helmert auf der Deckplatte des Treppenhauses vom Schneebergturm genau über dem österreichischen Messpunkt eine aus einzelnen festen grauen Sandsteinteilen (eine runde Scheibe als Fuß, eine hohle Röhre und wieder eine runde Scheibe als Deckplatte; alle direkt am Hohen Schneeberg gewonnen) bestehende steinerne Vermessungssäule von 1,1 m Höhe und 50 cm Durchmesser (Nagelsche Säule) errichtet, die jedoch heute nicht mehr existiert. Die einzelnen Teile dieser Säule wurden mittels Eisenklammern zusammengefügt. Diese Säule diente als "Station 1. Ordnung Nr. 8 Schneeberg" der Mitteleuropäischen Gradmessung und der Königlich-Sächsischen Triangulation. Abweichend von allen anderen Nagelschen Säulen trug diese Säule keine Inschrift. Professor Nagel schreibt dazu selbst: "Die Errichtung des Pfeilers auf dem nicht ganz stabilen Treppenhause ist zwar nicht als sehr zweckmässig zu betrachten; der Pfeiler hat aber seinen Zweck erfüllt, da für die Winkelbeobachtungen ein vom Treppenhause unabhängiges Podium um den Pfeiler errichtet wurde, so dass die durch das Herumtreten um den Pfeiler erzeugten Erschütterungen sich nicht auf den Pfeiler und das daraufstehende Instrument übertragen konnten." Die Baukosten von 5 Mark wurden ebenfalls vom Fürsten Thun übernommen.

Nun folgen wir weiter Adam Seidel: "Die Messungen sollten im Sommer 1866 von sächsischer Seite fortgesetzt werden, denn der Schneeberg war 1862 als Anschlußpunkt zwischen den Triangulierungspunkten beider Staaten festgelegt worden. Dies wurde jedoch durch die Kriegsereignisse 1866 sehr verzögert."

Durch Professor Nagel selbst wurden dann zwischen dem 14. Juni und dem 12. Juli 1869 vom Hohen Schneeberg aus die Winkel zu den Stationen 1. Ordnung Jeschken (heute Ještěd), Lausche, Valtenberg, Borsberg, Kahleberg, Keulenberg und Baeyerhöhe sowie zu den Stationen 2. Ordnung Kottmar, Raumberg, Zschirnstein, Lilienstein, Cottaer Spitzberg, Sattelberg (heute Špičak) und Wilisch bestimmt.

In den Jahren 1874 und 1884 wurde im Rahmen der immer noch laufenden Mitteleuropäischen Gradmessung unter Leitung von Prof. Nagel durch die Gradmessungs-Assistenten E. Resch und A. Zschoche ein Präzisionsnivellement von Königstein aus über Bodenbach und Eulau bis zum Hohen Schneeberg durchgeführt und die Höhe des Schneeberges mit 723,8112 m über der Ostsee bestimmt. Ebenfalls im Jahr 1884 wurde von österreichischer Seite ein Präzisionsnivellement entlang der Bahnlinie Prag - Aussig - Bodenbach durchgeführt und dabei ebenfalls die Höhe des Schneeberges mit 724,14 m über dem Pegelnullpunkt von Triest an der Adria bestimmt. Die hier sichtbare Höhendifferenz von 32,9 cm zwischen dem österreichischen (Höhe über Adria) und deutschen (Höhe über der Nordsee am Pegel Amsterdam) Landeshöhensystem besteht übrigens mit einer aktuellen Differenz von +25 bis +34,6 cm bis heute.

Der Turm von Westen

Der Turm von Südwest um 1900 (dahinter das Gasthaus),
auf der Spitze des Turmes ist die Nagelsche Säule zu erkennen.

Weiter folgen wir nun wieder Adam Seidel: "Während des Turmbaues und des dadurch gesteigerten Fremdenbesuches, wofür eine kleine Restauration in einem hölzernen Häuschen errichtet worden war, ging der allgemeine Wunsch der Touristen und Naturfreunde dahin, es möge dort für ein gutes Unterkommen sowie auch zum Übernachten für den Genuß der Beleuchtung bei auf- und untergehender Sonne in der Nähe des Turmes ein Gasthaus erbaut werden.

Auch diesem Bedürfnis haben Se. Exzellenz abgeholfen und ein entsprechendes Gebäude, bestehend aus einem geräumigen Speisezimmer, acht kleinen Zimmern und drei Bodenkammern nebst Keller und Küche zum Bau bewilligt welches im Jahre 1865 hergestellt wurde. Das Erdgeschoß ist von Steinmauerwerk und das Stockwerk von Bindwerk mit Bretterverschalung hergestellt worden. Die Kosten hiervon betrugen 5 225 österr. Gulden.

Der Turm und Gastwirtschaft

Gastwirtschaft und Turm von Osten um 1910

Ferner ist eine vom Gasthause zwischen den Felsen zum Turme führende steinerne Stiege mit einem Kostenbetrage von 71,50 Gulden hergestellt worden. Das Gasthaus ist auf drei Jahre für 1866 bis 1868 ohne Einrichtungsstücke um den jährlichen Pachtschilling von 400 Gulden an den Pächter des Posthotels in Bodenbach verpachtet worden" - Soweit Oberforstmeister Seidel.

Am 17.Juni 1875 statteten König Albert von Sachsen mit seiner Gemahlin, Königin Carola, und Prinzessin Therese von Bayern nebst Gefolge dem Hohen Schneeberg einen Besuch ab. Ein Jahr später, am 24.Juni 1876, war Kronprinz Georg von Sachsen hier zu Gast. Zwölf Jahre später, am 30. September 1888, besuchte Prinz Friedrich August von Sachsen den Hohen Schneeberg, am 1. Juni 1905 ein weiteres Mal als König Friedrich August III. von Sachsen.

Der Turmwirt Weiß, der erste Pächter, wurde von seiner Nichte, Edeline Dörner, abgelöst. Ihr Sohn Gustav Dörner und Frau übernahmen Gastwirtschaft und Turm am 1.Mai 1906 und bewirtschafteten ihn volle 30 Jahre, wobei gewöhnlich zu Ostern geöffnet und im Spätherbst geschlossen wurde.

Die Gastwirtschaft

Die Terrasse der Gastwirtschaft, dahinter der Turm um 1910

Im Jahre 1936 wurde Willi Jugel, an den sich Ältere noch erinnern werden, Turmwirt und von diesem Zeitpunkt an begann die ganzjährige Bewirtschaftung zur Freude der immer zahlreicher werdenden Skifahrer.

Ebenfalls 1936 führte Prof. M.Färber von der Städtischen Technischen Lehranstalt in Bodenbach erstmalig in der damaligen CSR auf dem Turm Fernsehempfangsversuche durch. Es gelang ihm, mit einem selbstgebauten Empfänger den Ton des Fernsehsenders Berlin zu hören.

Turm und Gastwirtschaft haben den Krieg und die unmittelbare Nachkriegszeit relativ gut überstanden, die deutsche Bevölkerung hingegen wurde aus ihrer Heimat vertrieben. Bis 1959 hat man dann eine elektrische Freileitung bis zur Turmwirtschaft gezogen, ansonsten war äußerlich alles noch wie vor dem Kriege. Die Wirtsleute, eine tschech. Familie, die schon vor 1938 in Bodenbach wohnte, hofften schon damals auf das Wiedereinsetzen des Fremdenverkehrs aus Sachsen, da die zugezogene tschechische Bevölkerung wenig Interesse zeigte, dem hohen Schneeberg einen Besuch abzustatten.

In den folgenden Jahren wechselten die Wirte fast jährlich. Einer von ihnen, Zdenek Mancal, der in Schneeberg wohnte und vorher die Gaststätte Grünzner (heute Hotel Sneznik) bewirtschaftet hatte, versuchte mit viel Mühe, der Turmwirtschaft wieder ein wenig Profil zu geben. Doch auch er mußte aufgeben, da der Zustrom an Touristen, trotz geöffneter Grenze, ausblieb. Ein anderer Wirt profilierte die Gaststätte zum Nachtlokal, was offensichtlich die damaligen Behörden auf den Plan rief, worauf die Schließung erfolgte.

Im September 1959 stand noch die alte Messingplatte mit dem eingravierten Relief der Berge und der deutschen Beschriftung vor der Restauration. Anfang der 60er Jahre wurde sie durch eine kleinere Kupferplatte mit tschechischer Beschriftung ersetzt. Ebenfalls Anfang der 60er Jahre installierte man auf dem Turm eine Sendeanlage, die von Soldaten der Armee bewacht wurde. Die Anlage wurde etwa 1980 wieder ausgebaut und die Wache abgezogen.

Seit dieser Zeit waren die Gastwirtschaft und auch der Turm der Zerstörung ausgesetzt. Eine Sportgemeinschaft übernahm damals die Patenschaft über den Turm und stellte für die Zeit in der die Turmwirtschaft ohne Wirt war, ehrenamtliche Wachen. Bergsteiger halfen den Turm notdürftig zu reparieren. Eine Dauerlösung war es nicht.

Etwa 1983 wurde das Gasthaus demoliert, Türen und Fenster eingeschlagen, die Einrichtung durch die Fenster auf den Hof geworfen und zerstört. Daraufhin wurde das Gebäude abgerissen und der Schutt abtransportiert. Diese Arbeit wurde so gründlich verrichtet, daß nur Eingeweihte noch wussten, wo die Turmrestauration stand. Diese Maßnahme stieß nun doch auf Kritik durch einen Teil der Bevölkerung, sogar das tschsl. Fernsehen sendete einen Bericht. Die Verantwortlichen von Eulau erklärten damals, es soll ein neues Gebäude errichtet werden.

Auch der Turm selbst wurde nicht verschont. Die schwere Holztür mit Eisenbändern hielt zwar stand, doch über das unterste Fenster verschaffte man sich Zugang zum Turm und ein Jahr vor Beginn der Restaurierung wurden aus der Turmkrone zwei schwere Sandsteinquader ausgebrochen und auf die Plattform gestürzt.

Ende der achtziger Jahre war die Zerstörung des Schneebergturmes schon weit fortgeschritten, glücklicherweise hat nach der Wende die neue Ortsverwaltung von Jilove (Eulau), zu deren Verwaltungsgebiet auch Sneznik (Dorf Schneeberg) gehört, beschlossen, den Turm restaurieren zu lassen. Den Auftrag dazu erhielt die Privatfirma Kamason, Decin (Tetschen-Bodenbach). Da kein Elektroanschluß vorhanden war, mußte ein Notstromaggregat die notwendigen Maschinen versorgen. Wasser wird, soweit vorhanden, aus den ehem. Löschwasserteichen entnommen oder mit Tankwagen über die Turmstraße, die leider Schäden aufweist, zur Baustelle gebracht. Nach mehr als einem Jahr Bauzeit (Kosten ca. 2 Millionen Kronen) wurde der Turm im Juli 1992 wieder seiner Bestimmung als Aussichtsturm übergeben.

Wer das Elbsandsteingebirge besucht und von irgendeinem Aussichtspunkt die Rundsicht genießt, dessen Blicke werden immer wieder von einem Punkte angezogen: dem Turm, der auf dem Gipfel dieses einzigartigen Gebirges steht. In den achtziger Jahren war es einsam geworden auf dem vom Waldsterben heimgesuchten Plateau des Berges. Wenn man verweilte und auf die Stimmen der Besucher achtete, so konnte man feststellen, daß der überwiegende Teil der Touristen aus dem nahen Sachsen kommt.

Bleibt noch anzumerken, daß sich im Sockelbau des Turmes auf dessen Südseite seit einigen Jahren ein Kiosk befindet, wo Touristen mittlerweile während des ganzen Jahres eine Erfrischung und die Eintrittskarten für den Turm bekommen können. (Geöffnet Mo-Fr 10-16 Uhr, Sa/So 9-17 Uhr)

Das neue Berggasthaus

Das neue Berggasthaus auf dem Hohen Schneeberg (1999)

Im Jahr 1999 wurde schließlich wahr, was schon niemand mehr zu hoffen wagte - ein neues Berggasthaus (Restaurace pod Rozhlednou / Restaurant unter dem Aussichtsturm) wurde gebaut. Am Platz des alten Gasthauses entstand es auch ganz in der Gestalt des Vorgängerbaues. Von der Veranda kann man wie früher einen weiten Blick nach Süden in Richtung des Böhmischen Mittelgebirges und des Polzenlandes, an klaren Tagen auch nach Osten bis zum Jeschkenkamm genießen. Zum Besuch lädt die Turmwirtschaft seit November 1999 täglich von 10 - 16 Uhr ein. Im Sommer wird man auch auf der Terasse vor dem Gasthaus bewirtet

Neuerdings gibt es auch eine Webcam auf dem Hohen Schneeberg, die vom Gasthaus aus in Richtung Tetschen-Bodenbach (nach Südost) blickt. Eine tschechische Seite zum Hohen Schneeberg mit manch interessantem Detail ist hier zu finden.


Quellen:


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letzte Aktualisierung am 26.8.2014